Der Alien "Jimmy", die UFO-Landung der Trigonier und "Außerirdische raus!" - Bizarres aus der UFO-Welt



In zahlreichen Talkshows waren sie in den 90gern zu Gast, um über die Botschaften des Außerirdischen "Jimmy" zu berichten. Er gehört der Alien-Rasse der "Trigonier" an und spracht damals durch das Esoterikpaar Erika und Wolfgang Ressler. Unermüdlich sprach Erika Ressler im Deutschen TV als "Jimmy", als Medium eines Aliens. Und doch: In den beliebten Talkshows, in denen die Resslers auftraten, hatten sie kein Geld gefordert - sie schienen selbst an ihre Story zu glauben. Bis der angebliche Alien seine Landung mit seinem UFO bei den Resslers in Sachsen ankündigte. Eine bizarre Geschichte!


Von Lars A. Fischinger
(von 1998 und 1999)


In meinem Buch "Verbotene Geschichte" habe ich 2010 unter anderem über folgendes Thema berichtet: Ist die Regierung oder irgendwer in Deutschland auf die Landung eines UFOs aus dem All in irgendeiner Art und Weise vorbereitet? Gibt es Pläne oder Maßnahmen für einen solchen Fall?

Der Grund meiner Recherchen zu diesem Thema waren offizielle Anfragen verschiedener Abgeordneten an den Deutschen Bundestag genau zu diesen (und anderen) Fragen. Auch an verschiedenen anderen Stellen, wie etwa dem Magazin "Sagenhafte Zeiten", ging ich solchen Fragen im Sinne von "was wäre wenn?" nach. Ebenso kurz auf diesem BLOG im Zusammenhang mit Erich von Däniken und den "Götterschock" (hier).

Wie unterschiedlich Aussagen über die "Ankunft der Aliens" seien können, zeigt ein Beispiel von 1997 aus Deutschland. Die recherchierte ich für das Buch "UFO-Sekten", das ich 1999 mit meinem Freund und Mystery-Kollegen Roland M. Horn veröffentlicht habe. Diese verrückte Geschichte zeigt, dass wohl kaum jemand in Deutschland von selbst ernannten "UFO-Experten", die behaupten mit Aliens in Kontakt zu stehen, wirklich ernst nimmt. Doch gleichzeitig zeigt dieser Fall von 1997 auch deutlich, dass irgendwelche Behauptungen von UFO-Fans über die Ankunft der Aliens (die es immer und immer wieder gab und gibt!) nicht mit einem plötzlich "aus dem Nichts" kommenden und realen Alien-Besuch zu vergleichen ist.

Dabei ist es vollkommen belanglos wie gross die Wahrscheinlichkeit eines Besuches von intelligenten Außerirdischen auf der Erde ist: man kann diese nichts ausschließen. Was auch einige Wissenschaftler immer mal wieder gerne tun, wenn sie vor unbekannten Zivilisationen im Kosmos warnen – und als Erdlinge lieber seine Existenz nicht preisgeben sollte…

Was war also 1997 in Sachen geschehen?


Schon Anfang 1995 wurde die Presse auf das Ehepaar Ressler aufmerksam. "Forscher sicher: Bald landen UFOs im Tegeler Fließ", berichtete beispielsweise die "Bild" Berlin am 2 Januar 1995. Dort erfuhren wir, dass Wolfgang Ressler ein Jahr zuvor seine Heimat bei Detmold verlassen habe, um sich in Seifhennersdorf in Sachsen anzusiedeln. Als Grund gab er an:

"Weil hier in Kürze erstmals UFOs landen! Bei einem telepathischen Kontakt 1993 haben sie’s mir verraten."

In klaren Vollmondnächten stand Wolfgang Ressler auf dem Westhang des 43 Meter hohen Jockelberges. Er verwendete dabei 50 Meter lange Aluminiumstreifen, um so die Einflugschneise seiner erwarteten UFO-Raumschiffe zu markieren. "30 Jahre spüre ich schon Kraftfelder von Außerirdischen auf!", sagte Ressler gegenüber der Berliner "BILD". Ressler sei ferner sicher, dass Außerirdische seit 15 Millionen Jahren die Erde besuchen. Neben Seifhennersdorf sollen auch Collmberg bei Oschatz und das Tegeler Fließ potentielle UFO-Landestellen sein. Der Bergsporn nahe Heftstett in Sachsen-Anhalt soll seit mindestens 8000 Jahren von UFOs angeflogen werden. Und im Boifiner Wald bei Bützow in Mecklenburg-Vorpommern sollen fünf Steinringe die Landestelle eines UFOs aus dem Jahr 600 vor Christus markieren. Wolfgang Ressler wusste auch Interessantes über die „wahre Entstehung“ des Riesenkraters "Nördlinger Ries" (rund 25 Kilometer Durchmesser) in der fränkischen Alb zu berichten. Vor 14 Millionen Jahren sollen Außerirdische ihn als Platz für eine ganze Raumflotte in die Erde gesprengt haben.[i]

Heute weiß jedoch jeder Geologe: Hier schlug ein gigantischer Meteorit aus den Tiefen des Alls ein, was der bekannte Geologe Eugene M. Shoemaker - der Mitentdecker des sensationellen Kometen "Shoemaker-Levy 9", der auf Jupiter 1994 einschlug - bereits in den 60ger Jahren nachweisen konnte.[ii]

Auffallend ist, dass in diesem ersten Zeitungsbericht ausschließlich von Wolfgang Ressler gesprochen wurde, während spätere Medienmeldungen immer angaben, seine Frau Erika sei das eigentliche Medium.

So trat etwa in der Talkshow "Vera am Mittag" des Senders "SAT 1" Erika Ressler als telepathische Kontaktperson auf. Die hypnotische Kontaktaufnahme zu dem in Oregon, USA, lebenden Trigonier mit Namen "Jimmy" sei sicherer und billiger als ein Telefonat. So Erika Ressler.[iii]

Dann kam die Stunde, zu der sich die Prophezeiung von der Ankunft der UFOs erfüllen sollte: Es war die Nacht vom 12. auf den 13. April 1997. Die Bewohner des Planeten Trigon wolten nach dem angeblich durch Erika Ressler sprechenden Alien "Jimmy" im Lausitzort Seifhennersdorf landen. 400 Schaulustige warteten nun dort auf das UFO. Doch es kam einfach nicht. Die Anwesenden wurden unruhig. Es kam zu Gewalttätigkeiten. 15 Jugendliche machten sich sogar auf, um das Haus des Ehepaares Ressler zu stürmen. Sie warfen Fenster ein und brachen sogar die Tür auf. Es dauerte nicht lange, bis die Polizei eingreifen musste und auch der Bundesgrenzschutz gerufen wurde. Es kam so zu einem Großeinsatz der Ordnungskräfte wegen einer "UFO-Landung", die aber freilich ausblieb.

Damit aber nicht genug: Als alle noch auf das UFO warteten, liefen Verhandlungen zwischen den Resslers und Fernsehsendern: "RTL" erhielt wie auch "PRO 7" eine Absage und "SAT 1" kaufte die Exklusivrechte für die kommende Landung der Außerirdischen. Der Sender erhielt den Zuschlag aufgrund seiner schnellen und unbürokratischen Reaktion. Der zuständige Redakteur soll gleich einen Vertrag über eine Summe über fünf Millionen DM sowie einen Verrechnungsscheck über 1000 DM dabei gehabt haben. Bedingung war allerdings, dass die Trigonier auch wirklich auf der Erde landen würden. Wären es also tatsächlich zur Landung der Außerirdischen gekommen, dann wären die Bilder des ersten Kontaktes zwischen Menschen und außerirdischen Besuchern selbstverständlich weit mehr wert gewesen, was die TV-Sender natürlich wussten.

Die ungewöhnlich gute Zusammenarbeit zwischen "SAT 1" und "RTL" ließ damals jedoch durchaus darauf schließen, dass beide Sender nicht so richtig an die bevorstehende UFO-Landung glaubten. Man half sich gegenseitig bei der Ausleuchtung des Grundstücks und "SAT 1" pochte nicht wirklich auf die Exklusivrechte, die sie sich zuvor vertraglich gesichert hatten.

"RTL"tat alles, um die dortige Stimmung anzuheizen. Man warf eine Nebelmaschine an und führte diverse Interviews in mystisch-esoterischer Atmosphäre. Junge Mädchen mit Plakaten, die die Aufschrift "Herzlich willkommen, Jimmy" trugen, fielen in der Menge auf. Und die Menge skandierte fröhlich "UFO! UFO! UFO!".

Kurz nach Mitternacht zogen 15 grün gekleidete Männchen mit Gasmasken vor Resslers Grundstück auf. Es war der Karnevalsverein, der mit einem selbst gebastelten Blech-UFO anrückte. Unter den Schaulustigen herrschte Volksfeststimmung. Man machte einfach Party. Als das echte UFO jedoch ausblieb, konnten auch der Verein die Stimmung nicht mehr retten.

Wieso kamen die Außerirdischen eigentlich nicht? Was sagten die Resslers selber dazu?

In der "Dresdner Morgenpost" vom 14. April 1997 finden wir die Auskunft, die "Jimmy" durch Frau Ressler gab, als Protokoll abgedruckt:

"13.07 - Okay - Anflug 0.00 Uhr

21.37 - Vorschau auf das bevorstehende Ereignis: Zigarrenförmiges, mehrere hundert Meter langes Mutterschiff (ca. 100 Trigonier an Bord) tritt in den Luftraum ein. Kleines rundes Boot (Durchmesser zwölf Meter) löst sich, parkt über Resslers Grundstück. Kraftfeldtreppe (gleißendes Licht) wird zu Resslers Terrasse aufgebaut. Luke öffnet sich, ein Trigonier steigt aus. Jimmys folgt in menschlicher Gestalt, für Interviews 60 Minuten Zeit.

22.38 - Anweisung an TV-Teams: ,Gegenlicht aufstellen, bessere Aufnahmen möglich.’

22.58 - ,Gehe soeben in Oregon/USA an Bord eines Shuttles’.

23.01 - ,Bin im Anflug!’

23.06 - ,Ja, unsere Waffen sind euren weit überlegen. Wir haben kein Interesse, sie einzusetzen.’

23.18 - ,Viele Menschen auf dem Weg zu Euch.’

23.53 - ,Alles o.k., 40 Minuten.’

0.13 - ,Ich bin so aufgeregt, ein wichtiges Ereignis für Euch und unsere Geschichte.’

0.37 - ,Leiten Countdown ein. Etwa zehn Minuten.’

0.47 - ,Stellt bitte ein Glas Leitungswasser bereit.’

0.53 - ,Die Leute vorm Haus werden sich gleich beruhigen!’

0.57 - ,Fragt mich nicht nach Minuten. Für uns ist das eine schwierige Operation.’

0.59 - ,Wir stehen jetzt Südost.’

1.03 - ,Müssen stoppen. Zuviel negative Energie bei Euch!’

1.05 - ,Negative Energie!’

1.06 - ,Sorry, wir können das Volk da unten nicht beruhigen!’

1.09 - ,Sichert Euch selbst!’

1.23 - ,Wir drehen kurz ab.’

1.39 - ,Gleich wird sich das bei Euch beruhigen, wir warten.“

1.50 - ,Kann bis sechs dauern, es muss Ruhe herrschen.’

2.03 - ,Sorry, was bei Euch passiert ist. Es ist mir entglitten.’

2.59 - ,Wir warten noch!’

3.22 - ,Gut, das Polizei da ist. Sind aber bewaffnet. Wir prüfen.’

3.25 - ,Würden wir unsere Waffen einsetzen, wäre euer Garten ein riesiger Aschenbecher.’

3.37 Uhr - ,Heute nicht mehr berechenbar. Es sieht schlecht aus.’

3.53 - ,Zuviel negative Energie. Tut mir leid, es ist gelaufen
.’"


"Die Leute vorm Haus werden sich schon beruhigen", meinte der Außerirdische alias Erika Ressler. Leider beruhigten sie sich nicht. Bereits um 0.43 Uhr, als die Resslers von der Masse noch stürmisch gefeiert wurden, flog die erste leere Flasche, die von einem Skinhead geworfen wurde. Später eskalierte die Situation mehr und mehr: Noch harmlose Zurufe wie "UFO vor, noch ein Tor!" werden von Parolen wie "Hängt die Lügenschweine!" abgelöst. "Sieg Heil!" tönte es zum Hitlergruß und mit den Worten „Reißt die Bude ein!“ warfen die offensichtlich alkoholisierten Rechtsradikalen drei Fensterscheiben der Resslers ein. Die Scheinwerfer wurden nach und nach auf dieselbe Art "ausgeschossen". "Deutschland den Deutschen - Außerirdische raus", brüllten die Skinheads im Chor.

Als Erika Ressler die Polizei anrief, wurde sie zunächst nicht ernst genommen. So musste Christian Görzel von "RTL" die Polizei beschwören, hier doch einzugreifen. Als die Polizei um 1.30 Uhr endlich mit Blaulicht, Kampfausrüstung und 15 Beamten eintraf, war nur noch der harte Kern der 15 Randalierer anwesend, und so konnte es schnell zur Deeskalation kommen. Der diensthabende Leiter der Polizeidirektion Görlitz fuhr sogar persönlich zum Einsatzort, um Ermittlungen wegen Landfriedensbruchs einzuleiten. Nachdem die Geschichte von Polizei-Obermeister Eichner aufgenommen und mit einem schlichten "Na ja!" kommentiert worden war, löste der Polizeidirektionsleiter Reinhard Herwig die Menge auf und bat die Presse, nach Hause zu gehen. Mittlerweile war es zehn Minuten vor vier Uhr morgens. Resultat der ufologischen Aktion: 3000 DM Sachschaden und 15 Ermittlungsverfahren (hauptsächlich wegen Landfriedensbruch).[iv]

Der Planet Trigon, von dem "Jimmy" und sein Volk stammen sollen, hat laut Erika Ressler ein Zwölftel der Erdmasse, und soll sich in der „übernächsten Galaxie“ befinden. Innerhalb der nächsten zehn Jahre wird das Leben auf Trigon unmöglich sein, denn eine Klimakatastrophe bedroht "Jimmys" Heimatplaneten. Da sich die Trigonier mit einem Vielfachen der Lichtgeschwindigkeit fortbewegten sollen, bräuchten sie für die Strecke Trigon - Erde lediglich fünf Jahre. Außer den Trigoniern soll es derzeit vier weitere Zivilisationen geben, von denen zwei feindlich gesinnt und aggressiv seien. Die Trigonier suchen auf der Erde Asyl, weil die Erde ihrem Heimatplaneten klimatisch am ähnlichsten ist. 70 Trigonier leben nach Erika Ressler bereits getarnt auf der Erde, davon zwei in Deutschland. "Jimmy" - ein Farmer aus Oregon, USA – sei dabei der Sprecher dieser intergalaktischen Agentengruppe. Er ist mit einer menschlichen Frau verheiratet und hat zwei Kinder. Allerdings musste er sie aus der Schule nehmen, weil sie zu klug waren und so die Tarnung gefährdeten…

Die Kommunikation unter den Trigoniern verlief angeblich natürlich telepathisch. Die Verwendung von Sprachen war nicht nötig. Jeder kann mit jedem - auch über größere Entfernungen hinweg - Kontakt aufnehmen. Die Trigonier waren laut Resslers etwas kleiner als Menschen und haben einen größeren Kopf. Es gibt zwei Geschlechter und die Lebenserwartung der Trigonier beträgt zwischen 150 und 180 Jahren. Wobei ich mich hier frage, wie es nach dieser Beschreibung mit dem Tarnen vor der Menschheit klappen soll.

Auf Trigon gibt es keinerlei Hierarchie. Entscheidungen werden durch das "Trigon-Network" getroffen - es besteht aus den gesammelten Gedanken aller fünf Millionen Bewohner. Aufgrund der Klimakatastrophe ist die Bevölkerungsdichte rückläufig, vermutlich werden nur noch drei Millionen übrigbleiben, die auf der Erde Asyl beantragen können.

Nach der Landung in Seifhennersdorf hätten die Trigonier ein Jahr lang die Reaktion der Menschheit beobachten wollen, und nach dieser Phase wäre ein Folgetreffen auf Regierungsebene eingeleitet worden. Ein Forschungszentrum im Zittauer Gebirge hätte die Menschen dann auf die geistigen Fähigkeiten der Trigonier getrimmt.

Die Resslers, die diese Geschichte intensiv verbreiten, bezeichnen sich selbst als "stinknormale Leute". Erika Ressler war zum Zeitpunkt des Geschehens 42 Jahre alt, ihr Mann zwei Jahre älter. Bereits 17 Jahre vor der nicht eingetroffenen UFO-Landung begannen sich die beiden mit den Fähigkeiten des Geistes, Parapsychologie, Hypnose und Heilpraktiken zu beschäftigen. Sie hatten eine wachsende Fangemeinde, doch in ihrem kleinen Dorf in Sachsen galten sie schlicht als Spinner. Sie trösteten sich jedoch - insbesondere nach dem Fiasko jener denkwürdigen Nacht 1997 - damit, dass Galilei und Kopernikus auch auf Unverständnis gestoßen waren.

Der angebliche Kontakt zu "Jimmy" bestand damals bereits seit fünf Jahren. Er war es, der ihre Geisteskräfte entdeckte, als sie sich ins Trigon-Network einklinkten. Die Fähigkeiten ihres Geistes sollen denen der meisten Menschen überlegen sein. Die UFO-Landung war für die Resslers die Hoffnung schlechthin: Mit den Worten "Wenn Jimmy nicht kommt, können wir uns erschießen oder nach Arnsdorf in die Klapse begeben". So wurden die Resslers damals von der "Dresdner Morgenpost" zitiert.

Tatsächlich erlitt Erika Resslers nach der missglückten Landung einen Nervenzusammenbruch. Ihr Mann meinte, die Trigonier würde jetzt vermutlich nach einem anderen Ort suchen, an dem sie von den Menschen friedfertiger empfangen würden. ier

Die Redakteure der "Dresdner Morgenpost" waren der Meinung, dass die Geschichte der Trigonier schlicht unglaubhaft, aber auch nicht auszuschließen sei. Sie schrieben außerdem, dass die Angaben der Resslers von Wissenschaftlern weder bestätigt noch widerlegt werden konnten.[v]

Das ist viel zu einfach.

Natürlich ist es für die Wissenschaft schwierig mit äußerst laienhaften Angaben wie "übernächste Galaxie" etwas anzufangen, und so kann sie natürlich nichts widerlegen. Allerdings scheint es in meinen Augen sehr unglaubwürdig, dass ein mit Überlichtgeschwindigkeit Raumfahrt betreibendes, hoch intelligentes und mit sich mit Telepathie verständigendes Volk Ausdrücke wie "übernächste Galaxie" verwendet. Zumal es eine übernächste Galaxie nicht gibt, da es immer auf den Standpunkt des Beobachters ankommt.

Wenn man sich die gesamte Geschichte ansieht, dann scheint es sich hier aber auch nicht um ein astrophysikalisches, sondern viel eher um ein psychologisches (vermutlich sogar psychiatrisches) und soziologisches Phänomen zu halten, das auch eine politische Komponente hatte.

Die Beobachtung der "Dresdner Morgenpost", dass die Resslers „eine anwachsende Fan-Gemeinde“ hatte, deutet auch in diesem Fall auf die Entwicklung zu einer sektenartigen Gemeinschaft hin. Sollten die Resslers tatsächlich in Zukunft "Gläubige" um sich scharen können? Hätte es so kommen können?

Eine Woche nach der Nacht, in der die Aliens laut dem Ehepaar hätten landen sollen, waren jene übrigens gegenüber dem "FOCUS" schon wieder voller Hoffnung:


"In drei Monaten kommen die wieder. Hundertprozentig! Wir haben Bescheid gekriegt."[vi]

Aber auch diese Frist verstrich ereignislos. Das UFO kam nicht. Und doch hatte das Ehepaar Ressler ihre Publicity und stand für einen kurzen Augenblick im Mittelpunkt des (lokalen) Geschehens. Und die oben im Protokoll zitierten Gründe für den Rückzug der Außerirdischen klingen wohl mehr nach einer einfachen Ausrede....


Ein Einzelfall? Nein!


Auch Paul Kuhn - ein selbst ernannter Prophet aus der Schweiz - sagte einst einen Weltuntergang am Muttertag 1988 voraus. Wie andere UFO-Freunde der Geschichte auch immer wieder einen Untergang prophezeien. Paul Kuhn sprach wie die Resslers von einem festen Termin der UFO-Landung. UFO-Mutterschiffe hätten damals in dem Schweizer Dorf Dozwil, Thurgau, landen und die Kinder der Sekte an einen "wunderschönen Ort" bringen sollen.[vii]

Aber schon 30 Jahre vor 1988 hatte der 68-jährige „ehemalige Gärtner und Gemüsehändler, Hypnotiseur, Telepath und Magier“ seine "St. Michaels-Vereinigung" gegründet. Seine Eingebungen will er durch ein zwischenzeitlich verstorbenes Medium erhalten haben. Später verwendete er eine Sekundarschülerin als Medium. Paul Kuhn hielt sich für einen "vom Himmel geweihten Priester" und seine Fan-Gemeinde bestand immerhin aus rund 3000 Anhängern in der Schweiz und in Süddeutschland. Als Zweck der Bewegung wurde "Vereinigung, Versöhnung und Toleranz auf ökumenischer Basis" angegeben. Seine Aufgabe sah Kuhn darin, "vor kommenden Ereignissen zu warnen", und seine aufsehenerregendste Prophezeiung war die, dass an jenem Muttertag alle Kinder von UFOs abgeholt würden.

Rund ein Drittel der Dozwiler galten als Anhänger Paul Kuhns, und die übrigen Einwohner hatten sich entweder arrangiert oder Gegentreffen abgehalten.

Die offiziellen Geistlichen des Ortes störten sich an der Panikmache, die von Paul Kuhns Prophezeiungen ausging. So etwa sagte für den Sommer 1988 kriegerische Auseinandersetzungen voraus, die von Russland, China und den anderen Ostblockstaaten ausgehen würden. Nur ein elitärer Kreis von Menschen würde dabei gerettet werden. Über die Kinder hatte Paul Kuhn gesagt:

Diese reinen und unschuldigen Geschöpfe Gottes werden nicht den Heuschrecken und den Skorpionen ausgesetzt werden, die euch quälen werden, fünf Monate lang. Die Auserwählten unter euch, die mit den Kindern geholt werden, werden mit unseren Helfern für sie sorgen.“

Die Kinder erzählten nun in der Schule begeistert, dass ihnen nichts geschehen würde, und der örtliche Pfarrer befürchtete, sie könnten Paul Kuhn - der angeblich eine wahnsinnige Macht und große magische Kraft habe - mittlerweile hörig sein. Möglicherweise sei er dazu fähig, eine Massenhysterie zu erzeugen, die zu Todesopfern führen könnte. Und tatsächlich waren nicht alle Kinder entzückt über Kuhns Botschaft. Ein Mädchen verfiel beim Lesen der Botschaften des Gurus in einen schüttelfrostähnlichen Zustand.

Vorsorglich wies Paul Kuhn darauf hin, dass er keine Drohungen, sondern Botschaften - die übrigens an alle Schweizer Pfarrer gingen - verschickt habe, und Warnungen seinen ja auch schon von den biblischen Aposteln ausgesprochen worden. Es ginge ihm nicht um Leiden, sondern um die "Hoffnung, die Reinigung und die Erlösung". Derartige Erklärungen lies Paul Kuhn grundsätzlich von seinem Rechtsanwalt verbreiten. Vom Weltuntergang habe er nie gesprochen, betonte der ehemalige Gemüsehändler. Der Esoterik-UFOloge verwies darauf, dass der Papst schließlich auch einst gesagt habe, der Mensch müsse sich auf große Prüfungen gefasst machen, und er betonte ausdrücklich: "Nach Gottes Plan sollen alle Kinder gerettet werden, auch die hoffnungslosen."[viii] Quasi ein Rattenfänger nach den Plan des Herren also.

Nach Polizeiangaben kam es am vormuttertäglichem Samstag - dem 7. Mai 1988 - zu Ausschreitungen gegenüber Angehörigen der St. Michaels-Vereinigung. Sogar Sachbeschädigungen wurden gemeldet.

Am gleichen Tag verbreitete die Sekte ein Kommuniqué, in dem es hieß, dass nie ein bestimmter Tag für das prophezeite Ereignis genannt worden sei. Vielmehr sei der 8. Mai als "ein internes Datum" zu betrachten, an dem Paul Kuhn „mit dem Verschwinden der Kinder rechne“. (Ein alter Trick, der bereits von den Zeugen Jehovas mit Erfolg angewendet worden war. Zunächst macht man durch die Nennung eines Datums auf sich aufmerksam, und wenn sich das Datum nähert, weist man so langsam darauf hin, dass man ja nie ein konkretes Datum genannt habe. Diesbezügliche Aussagen werden relativiert. Die UFO-Sekten "Fiat Lux" (hier) und auch andere mehr reihen sich hier nahtlos ein.)

Wie dem auch sei: Am darauffolgenden Sonntag reisten hunderte von Ausflüglern aus der gesamten Schweiz nach Dozwil. Die Besucher warteten auf das angekündigte Raumschiff von den Sternen, das die Kinder in ein UFO-Mutterschiff im Erdorbit bringen sollte, bevor sie dann an den "wunderschönen Ort" gebracht würden. Dort würden dann diese Kinder auf ihre Eltern warten

Für die Dozwiler Kinder war klar: Nach dem 8. Mai würden sie nicht mehr zur Schule gehen. Bis zum Sonntagmittag war Dozwil von Menschen überlaufen. Die Feuerwehr hatte die Straße zu dem turnhallenähnlichen Sektentempel mit einem Gitter abgesperrt, und ein Feuerwehrmann trug dafür Sorge, dass nur Fußgänger passieren konnten. Und diese versammelten sich auch recht zahlreich um den Tempel. An der Hauptstraße wurden Bratwürste verkauft und die Dorfstraßen waren komplett zugeparkt. Es herrschte auch hier Jahrmarktsatmosphäre.

Am Abend kam es zu Ausschreitungen: Angetrunkene Jugendliche warfen mit Flaschen nach den Sektenanhängern - ähnlich wie es die Resslers zu spüren bekamen. Das Sektenanwesen wurde verwüstet und Autos der St. Michaelaner zum Teil schwer beschädigt. Vier Sektengegner wurden festgenommen, wodurch eine Eskalation der Ereignisse verhindert werden sollte und konnte. Die Sektenanhänger hätten sich nach Polizeiangaben ruhig verhalten und lediglich mit Menschenketten und quergestellten Autos den Zugang zum Tempelareal verbarrikadiert.[ix]

Nach dem Wochenende - die Raumschiffe waren natürlich nicht erschienen - entspannte sich die Lage in Dozwil wieder. Die Festgenommenen wurden auf freien Fuß gesetzt, und der Prophet Paul Kuhn hielt keine weiteren Messen mehr ab. Er befürchtete weitere Ausschreitungen. Der Dodzwiler Gemeindeamtmann Alfred Bauman erklärte gegenüber der Schweizerischen "Bodenseezeitung":

Ich habe bei weitem nicht damit gerechnet, dass es so weit kommen würde und dass das Volk so dumm sein kann.“[x]

Wie wir wissen, war diese Geschichte jedoch nicht die einzige ihrer Art. Alfred Baumann kann folglich beruhigt sein. Nicht nur die Schweizer sind so dumm. Auch in Deutschland, den USA und in vielen anderen Ländern der Welt spielen sich wiederholt ähnliche Geschichten ab. Und: Das Ehepaar Ressler ist der festen Überzeugung (zumindest behaupten sie es), dass das UFO eben nur wegen der unglücklichen Situation am Tag der vermeintlichen Landung nicht kam. Er wird aber sicher komme, später, im Frühjahr 1999, sagten sie in einem TV-Interview mit "RTL 2" am 7. Oktober 1998.[xi]

Doch wo die Aliens landen werden, schien schon damals eher in den Sternen zu stehen. Nach den Ereignissen am Haus der Resslers meldete die "BILD" Hamburg[xii] unter der Überschrift "Abkassiert und in Luft aufgelöst", dass die Resslers ihren ufologischen Heimathafen verlassen hätten. Obwohl die Resslers angebliche Heilseminare für bis zu 2000 DM veranstaltete, hatten sie 10.000 DM Mietschulden und verschwanden, bevor der Gerichtsvollzieher kam. Grund waren sicher auch Drohbriefe gegen die selbsternannten UFO-Kenner, die nach dem 12./13. April 1997 bei dem Ehepaar eingingen…

Pech gehabt.


 Links
   Zum Thema:
  "Es muss nicht alles so sein, es kann auch ganz anders sein. Manche Rätsel sind Scheinrätsel, manche werden zu welchen gemacht, manche aber widerstehen ziemlich hartnäckig allzu glatten Erklärungsversuchen."
(Walter-Jörg Langbein, 1993 in "Die großen Rätsel der letzten 2500 Jahre")
www.Youtube.com/FischingerOnline - DER MYSTERY-VIDEO-CHANNEL
Fussnoten



[i] CENAP-Report Nr. 224, S. 43
[ii] von Rétyi 1997, S. 127ff.
iii CENAP-Report Nr. 242, S. 28
[iv] Skeptiker, Nr.10/1997, S, 144
[v] Dresdner Morgenpost, 14. April 1997, S. 1, 22 u. 23
[vi] Focus vom 21.April 1997
[vii] Magin 1991, S. 78
[viii] Basler Zeitung vom 7. Mai 1988
[ix] Basler Zeitung vom 9. Mai 1988
[x] Basler Zeitung vom 10. Mai 1988
[xi] Von Aliens entführt? - Der ganz normale UFO-Wahnsinn, RTL2, 7. Oktober 1998
[xii] 23. Juni 1997