2009 begann spätestens der Booms rund um die Maya, 2012, ihren Kalender und dem Doomsday etc. pp. Wir schlossen uns Ende 2009/Anfang 2010 mit dem Buch "Die Akte 2012" da an - und schließen uns nicht vom Boom aus. Wer dieses Buch jedoch gelesen haben sollte, der weiss, was darin für (Anti-)Positionen eingenommen werden...
Von Lars A. Fischinger
...wie dem auch sei, Freunde:
Gebt doch mal bei der Google-Bilder-Suche "Maya Kalender" oder "Maya Kalender 2012" ein. Soeben (10. März 2012) kam diese gewaltigen Ergebnisse (Deutsch & Englisch eingestellt) heraus:
Bei Amazon & Co. sieht es nicht anders aus. Lange Rede - sehr kurzer Sinn. Seit Jahren werden Presseberichte, Bücher, Artikel usw. mit dem Bild des "Maya-Kalenders" illustriert. Oben seht Ihr diesen Stein im Original im Anthropologischen Museum in Mexiko-City. Über 3,5 Meter Durchmesser hat dieser, ist mehr als einen Meter dick und wiegt 24 Tonnen. Sieht schon gruselig aus der tonnenschwere Klotz. Er wurde vor rund 300 Jahren bei Bauarbeiten in Mexiko-Stadt gefunden. Und dieser "Maya-Kalender" ist es nun also - wenn wir den Medien etc. trauen wollen - der uns eben von diesem und/oder jenem 2012 weissagt? Warum sonst sollte der Stein als Veranschaulichung von Maya-2012-Veröffentlichungen stehen (Beispiel)?
Warum?
Weil gewisse Journalisten, Autoren oder auch einfache Interessierte leider
nicht sonderlich das Thema kennen. Um es freundlich zu sagen.
Nochmals:
warum? Ganz einfach: das ist überhaupt nicht der Kalender der Maya aus Mexiko!
Es ist der "Sonnenstein" der Azteken (auch aus Mexiko), der im
Zentrum vom heutigen Mexiko-City ausgegraben wurde. Dort, wo heute die berühmte
Kathedrale steht. Dort stand einst das "Allerheiligste" der
Azteken-Hauptstadt Tenochtitlán, die 1521 von den Spaniern erobert und so nach
und nach zerstört wurde. Die Azteken gingen unter.
Der Kalender der Azteken hatte durchaus Parallelen zu dem System der Maya. Etwa Zyklen usw. In der Mitte des Steines aber steht entweder der aztekische Sonnengott Tonatuh oder die Göttin der Erde Tlaltecutli. Blutige Menschenopfer forderten diese. Denn so sollte die Sonne in ihrem Lauf erhalten werden - was den Spanien damals in Entsetzen versetzte angesichts dieser Barbarei.[i]
Der
aztekische "Sonnenstein" nun zeigt auch das Vergehen vergangener
Welten. Ja! Also tatsächlich Weltuntergänge, die von den Azteken
"Sonnen" genannt wurden. Vier Weltzeitalter sind nach den Azteken
schon auf unterschiedliche Art und Weise untergegangen und wir leben nun im
fünften Zeitalter des Kosmos. Dieses wird einstmals durch Erdbeben enden. Das
vorherige, vierte Zeitalter dauerte nach den Azteken nur 676 Jahre und ging
durch eine Sintflut zugrunde. Daran war die Regengöttin Chalchiuhtlicue schuld
Die
Maya lebten vor den Azteken und südlich von diesen. Der "Sonnenstein"
der Azteken ist eindeutig nicht der
Maya-Kalender, verkündet nichts von 2012 oder sogar einem Untergang der Welt in
diesem Jahr und weissagt nichts Konkretes. Auch wenn die Maya ebenso in einem
zyklischen Weltsystem leben. Maya-Schriftexperte Professor Dr. Nikolai Grube von
der Uni Bonn glaubt, dass es seiner Meinung nach unklar ist in welchem
Maya-Weltzeitalter wir heute überhaupt leben:
„Es gibt keine Maya-Aufzeichnungen über die
Zahl der Universen, und wir wissen nicht, in welcher Welt wir gerade leben, ob
in der zweiten oder zehnten oder welcher auch immer.“[ii]
Grube
spekuliert auch über den Untergang der jetzigen Welt:
„Inschriften der Klassischen Zeit deuten
darauf hin, dass die gegenwärtige Welt 33 mal 400 Jahre dauern wird. Demnach
würde das Ende im Jahr 8077 n. Chr. nahen.“[iii]
Dies leitet Grube ja wie
folgt ab: 33 x 400 Jahre = 13.200 Jahre. 13.200 - 3114 Jahre (Start des
Maya-Kalenders) = 10.086. 10.086 Jahre - 2009 (das Jahr, in dem Grube diese
Aussage tätigte) = 8077 nach Christus.
Die Völker Zentralamerikas (nicht nur Maya &
Azteken) kannten in der Tat Welt-Zyklen. Ein weit verbreite Mythologie dort und
heute ein (falscher) Weltuntergangs-Boom.[iv] (Und
das, wo o doch die Maya zum Beispiel selber von einer Feier 4772 nach Christus
berichten.[v]) Aber
trotzdem ist der Azteken-"Sonnenstein" inzwischen praktisch der
Maya-Kalender.
Eine Entschuldigung an meine Leser:
Leider ist dieser Stein auch auf dem Cover von "Die Akte 2012" gelandet. Erst Anfang 2010 sah ich das Cover im fertigen Katalog des Verlages und das Cover wurde ohne Rücksprache entworfen. Dafür habe ich mich (auch wenn ich nichts dafür konnte) schon Anfang 2010 in entsprechenden (oft extrem absurden) Diskussions-Gruppen bei www.wer-kennt-wen.de entschuldigt. Zumal in "Die Akte 2012" selber über den "Sonnenschein" = Maya-Kalender geschimpft wird... :-) :
Dass dieser Azteken-Stein ebenfalls 2010 auf meinem Buch "Verbotene Geschichte" kam - geschah mit einem meiner Bilder aus Mexiko und mit Rücksprache zwischen mir und dem Verlag. Und es wurde sehr schön.:
Aber der Mythos 2012 ist darin eh kein Thema...
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Zum Thema:
"Es muss nicht alles so sein, es kann auch ganz anders
sein. Manche Rätsel sind Scheinrätsel, manche werden zu welchen
gemacht, manche aber widerstehen ziemlich hartnäckig allzu glatten
Erklärungsversuchen."
(Walter-Jörg Langbein, 1993 in "Die großen Rätsel der letzten 2500 Jahre")
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[i] Siehe
z.B.: Owusu, Heike: Symbole der Inka, Maya und Azteken. Darmstadt 2000,
S. 215 & Taube, Karl: Aztekische und Maya-Mythen. Stuttgart 1994, S.
62f.
[ii]
Zick, Michael: Handbuch für Wahrsager.
In: Bild der Wissenschaft Nr. 10/2009, S. 77 (dort wird Grube dementsprechend
zitiert)
[iii]
ebenda
[iv] Siehe
z.B.: Schele, Linda & Freidel, David: Die
unbekannte Welt der Maya. München 1991, S. 74